💡 Serviced Apartments: Vom Standardhotel in der Krise zum Boarding-Haus mit Vollauslastung.

von | 30. April 2021 | besondere Hotelkonzepte, Strategien & Trends, Tipps

Mit welchen Kniffen Dir die erfolgreiche Teilumnutzung Deines Hauses durch Serviced Apartments gelingt.

Vor etwa einem Jahr, also im Frühling 2020, wurde ich gebeten, ein geplantes Hotelprojekt von 80 Zimmern, das 2022/23 eröffnen soll, in ein passendes Konzept zu gießen. Typ: Hotel garni.

Damals habe ich vorsichtig angefragt, ob ein reines, klassisches Hotelkonzept denn zukunftsfähig sei oder man auch über eine mögliche Andersnutzung nachdenken könne. Corona hat die Antwort auf meine Frage brandbeschleunigt.

Klar ist heute:
Wir werden ein Betrieb, in dem man gerne bleibt. In dem man ein zweites Zuhause findet. Auf short stay und long stay variabel ausgerichtet. Das Wort „Hotel“ haben wir bewusst aus unserer Projektkommunikation gestrichen. Wir sind anders. Planen differenziert, der Zukunft und den Herausforderungen angepasst.

Doch wie geht ein Nicht-Hotel heute?

Und vor allem, wie können Hotel- und Appartementbetriebe, die derzeit noch klassisch aufgestellt sind, sich mit wenigen Mitteln und Maßnahmen in Teilbereichen zu einem Serviced Apartment oder auch Boarding-Haus genannt umwandeln?

Macht das alles überhaupt Sinn?

Inhaltsüberblick

 

✓ Die Vorteile von Serviced Apartments oder Boarding-Häusern.

✓ Unterschiede von Hotelgast und long-stay-Bewohnern

✓ Zielgruppen-Typen von Serviced-Apartments

✓ Wieso Serviced Apartment und nicht Hotelzimmer?

✓ Wie wird aus einem Hotelzimmer ein Serviced Apartment?

Zusatzservices für den individuellen Bedarf.

✓ Verkaufspreise von Serviced Apartments richtig kalkuliert.

✓ Die gekonnte Vermarktung von Serviced Apartments.

 

Für mich liegen die Vorteile auf der Hand:

  1. Vermiete ich ein Appartement als Serviced Apartment, unterliegt es nicht den strengen Hygienestandards eines Hotels.
  2. Doch viel wichtiger: ein Serviced Apartment darf ich auch bei Hotelschließung weitervermieten (Stand Frühling 2021).
  3. Mit der Einrichtung von Boardingshouse-Appartements bleibe ich als Hotelier maximal flexibel. Ich kann selbst entscheiden, ob ich die Räume als Hotel- oder als Serviced Apartments verkaufe und à la minute entsprechend anpreisen.
  4. Serviced Apartments bedürfen viel weniger Personalaufwand und sind auch mit Minibesetzung unterhaltbar.
  5. Langzeit vermietete Zimmer sind für die Mischkalkulation im Revenue-Management eine vielversprechende Cash-Cow. Also ein sicherer Umsatzbringer.

 

Doch wie unterscheidet sich die Zielgruppe des Hotelgastes von der des long-stay-Bewohners?

 

Serviced Apartment-Gäste sind in der Regel:

  • in die Region kurzfristig Zugezogene, die noch keine eigene Bleibe haben
  • Berufspendler, die zum Wochenende zu ihren Familien zurückfahren
  • zeit- und projektbezogen versetzte Businessleute oder Handwerker
  • Personen, die aufgrund von Umbau- oder Renovierungsmaßnahmen längere Zeit aus ihrem Eigenheim ausziehen müssen
  • Freunde oder Familien von Patienten, die in der Nähe zur Reha oder für gesundheitlich lange Zeit dauernde Eingriffe vor Ort sind
  • Loneley Wolfes, meist männlich, die die Annehmlichkeiten der Extra-Leistungen eines klassischen Serviced Apartments, wie die wöchentliche Reinigung und das ansprechend, wohneigen-designte Ambiente schätzen.

Sie bleiben 4 Wochen oder gar einige Monate dort wohnen.

Serviced Apartment Sitzecke

Die Plauderecke mit Gratis-Getränken und frischen Blumen schafft Atosphäre und Gemütlichkeit.
(Albergo San Bernardo, Tessin / Foto: diffrent design / Interior: die Hotelharmonisierer)

Serviced Apartments Wohnzimmer

Die Couch ist ausziehbar. Unter dem Fernseher ist ein gefüllter Kühlschrank versteckt. Der Rotwein steht bereit.
(Albergo San Bernardo, Tessin / Foto: diffrent design / Interior: die Hotelharmonisierer)

Was treibt die Serviced Apartment-Zielgruppe an, ein solches Appartement dem klassischen Hotel vorzuziehen?

 

1)   Sich zu Hause fühlen

In erster Linie wollen sie ihr Zuhause-Gefühl befriedigen. Dabei sind zwei getrennte Bereiche zum Wohnen und Schlafen wichtig, sodass sie Gäste einladen aber auch ihre Privatsphäre leben können, wo die ausgezogene Socke rumliegen darf.

Sie wollen nicht jeden Abend in einem Restaurant essen müssen, dies meist in Gesellschaft – so Corona es wieder ermöglicht. Denn sie wollen auch einfach mal ungezwungen und alleine abschalten und den Abend auf der Couch verbringen.

 

2)   Ernährungsbewusst und diätisch kochen können

Sie wollen die Möglichkeit haben, sich selbst etwas zu kochen. Insbesondere die Nahrungsmittelunverträglichkeiten und die Mode unterschiedlichster Diäten macht es für viele Längeraufenthaltler notwendig, einen Kühlschrank und eine Kochecke zu besitzen, die das eigene Kochen nach strengen Regeln ermöglichen.

 

3)   Rundum-sorglos-Services

Außerdem wünschen sie sich die Services, die sie zu Hause in einer klassischen Familienaufteilung auch hätten: Gefüllte Kühlschränke beim Heimkommen, gewaschene und gebügelte Wäsche, aufgeräumte, saubere Zimmer.

Insbesondere hier kann die Einbindung eines Serviced Apartments in einen Hotelbetrieb von Vorteil sein, weil das Hotel diese Services von sich aus bereits anbietet und sie leicht für den Langzeitgast zubuchbar machen kann. (Eine Liste mit 30 Upselling-Service-Ideen kannst Du gerne bei mir abfragen.)

 

4)   Zeitliche Unabhängigkeit

Serviced Apartment-Gäste wollen nicht zu bestimmten Checkin-/Checkout-Zeiten anreisen müssen. Sie wollen nicht an Zeiten zum Frühstücken oder Mittagessen gebunden sein. Ihr eigentliches Leben findet parallel zum Aufenthalt im Serviced Apartment statt.

Das ist anders bei Hotelgästen, die sich gerne in den Rhythmus des Hotels geben und von Dritten voll umsorgt werden wollen. Sie haben auch Zeit und bringen die Ferienattitüde mit, die dem Boarding-Haus-Gast fehlt.

Mein Tipp: Sorge für den kontaktlosen Checkin-/Checkout und habe den Kühlschrank bereits mit einer Grundlage an Lebensmitteln und Getränken gefüllt. So ist für Deinen Gast auch zu unchristlichen Zeiten gesorgt und er wird Dir sehr dankbar sein.

 

Preisverhandlung führen, Annik Rauh, Lisa Boje

Wenn Du mit Deinem Gast darüber sprichst, was er zum Sich-Wohlfühlen braucht, findest Du jede Menge Upselling-Ideen heraus.

(Zollenspieker Fährhaus, Hamburg / Foto: Nina Grützmacher Fotografie)

Wie wird denn aus einem Hotelzimmer ein Serviced Apartment?

 

Für den Long-Stay-Gast sind zwei Zimmer ideal.

So könnte ein Hotel schauen, welche beiden nebeneinander liegenden Zimmer es praktisch verbinden kann. Bei dem einen wird aus dem Bad eine kleine Küchenecke gemacht. Eine Verbindungstüre schafft den 2-Raum-Effekt.

Das zweite Bett macht einem größeren Tisch mit 4 Stühlen, an dem gearbeitet oder zusammen gegessen werden kann, sowie einer gemütlichen Lümmelecke mit ausziehbarer Couch Platz. So können auch mal die Familie oder Bekannte für ein bis zwei Nächte mitbeherbergt werden.

 

Alternativ kann auch ein größeres Zimmer als Mini-Serviced Apartment umgewandelt werden.

Es gibt ganz hervorragend durchdachte Kitchinetts, die praktisch in die kleine freie Ecke passen. Manche sind mit Schranktüren zum Verschwindenlassen ausgestattet, sodass man die Küche abgeschlossen lassen kann, sollte das Zimmer doch mal als Hotelzimmer genutzt werden sollen.

Es gibt auch Klappbett-Systeme, unter denen, wenn man sie hochklappt, eine stylische Büroecke mit Schreibtisch, Licht, Steckdosen und sogar einem Drucker zum Vorschein kommen. Bei Tiny House-Einrichtern kann man sich dazu jede Menge Inspiration und Tipps holen.

 

Eines haben beide Serviced Apartment-Konzepte gemein:

Sie werden mit wohnungsstil-typischen Dekor wie Zimmerpflanzen oder Fotorahmen ergänzt. Gerne auch mit einem Soundsystem, das über Bluetooth funktioniert.

Die Küchenausstattung sollte qualitativ hochwertig und praktisch sein. So gibt es auch 4-in-1 Mikrowellen mit Steaming-, Pizzaback- und Auflauf-Funktion. Mini-Spülmaschinen, Wasserkocher und eine gute Kaffeemaschine ­gehören zum Must-Have. Genauso wie ein kleiner Platzwunderkühlschrank, mit Gefrierfach und die Möglichkeit irgendwo seine Wäsche zu waschen. Das kann auch im Keller des Hotels oder der Appartementanlage sein.

Und, bitte, spare nicht bei lebensnotwendigen Dingen wie der Bereitstellung von Klopapier, Kaffeekapseln und Geschirrspültaps.

 

Zusatz-Services für den individuellen Bedarf

Als Zusatz-Services können die Extra-Zimmerreinigung, Hemden- und Bügelservice, Einkaufshilfe u.v.m. angeboten werden. Oder auch die Nutzung des Spa- und Fitnessbereiches gegen Aufpreis. Hier sind den Ideen keine Grenzen gesetzt, so Du die Möglichkeiten im Haus und an Mitarbeitern hast.

 

Wie kalkuliere ich die Preise für ein Serviced Apartment?

 

In der Regel kannst Du Dir die Nettopreise für eine klassische, kleine 2-Zimmer-Wohnung in Deiner Umgebung anschauen und diese mit dem Faktor 4 malnehmen. Denn Du bietest ja zusätzlich Möblierung, Instandhaltung und Services an, die der Gast gerne zahlt.

Zudem werden viele Serviced Apartment-Kosten von den Unternehmen übernommen, die ihren Mitarbeitern einen angenehmen Wohnstandard bieten wollen und dafür genügend Budget zur Verfügung haben.

Interior Design von Hotel San Bernardo

Dieses stylische Sofa lässt sich zu einem konfortablen Bett ausziehen und passt in quasi jede Zimmergröße.
(Albergo San Bernardo, Tessin / Foto: diffrent design / Interior: die Hotelharmonisierer)

Wie vermarkte ich meine Serviced Apartment?

 

Deine größte und damit eigentliche Zielgruppe, die Du ansprechen willst, bilden demnach die Personalabteilungen der Großunternehmen aus Deiner Umgebung sowie Relocation-Anbieter. Denn diese kaufen die Zimmer in der Regel für ihre Mitarbeiter ein.

Aber auch Kliniken und Rehazentren, bei denen oft nachgefragt wird, wo der Besuch länger nächtigen kann, sind ein guter Ansprechpartner.

 

Firmen kaufen meist Serviced Apartments nicht über Booking ein.

Daher ist es sinnvoll, den direkten Kontakt zu der HR-Abteilung zu bekommen. LinkedIn und Xing sind dafür hervorragende Möglichkeiten, die richtigen Personen ausfindig zu machen. Sie sind meist aufgeschlossen und dankbar für Dein neues Long-Stay-Angebot, da es noch nicht so weit verbreitet ist, die Nachfrage aber immer größer wird.

 

Mein Tipp:

Schreibe sie klassisch via Mail/Direktmail an und rufe sie ein paar Tage später direkt und persönlich an. Die Mühle lohnt sich. Denn wenn Du einmal in einem Großkonzern als Serviced Apartment-Anbieter erfasst bist, spült Dir dies immer wieder ungefragt Gäste ins Haus, die Langzeit-Miete zahlen. Auslastungen von über 90% auch in Corona-Zeiten sind hier kein Zufall, sondern können zur Regel werden.

 

Einzelne Serviced Apartment-Gäste buchen meist über Airbnb oder bei regionalen Gästehausvermietungs-Plattformen.

Liste Dich dort als Anbieter. Hier werden oft günstigere Raten als bei den Vereinbarungen mit den Großunternehmen verhandelt, da die Gäste Selbstzahler sind. Daher mein Vorschlag: Biete eine günstige Mindestrate an und erhöhe später Deinen Umsatz durch Upselling mit Deinen Extraservices.

Eine Liste mit 30 Möglichkeiten des Upsellings bei Bordinghouse-Appartements kannst Du gern bei mir anfragen.

 

 

10 praktische Tipps Dein Hotel in ein Boarding-Haus zu verwandeln:

 

  1. Fasse 2 kleine Zimmer zu einem Apartment zusammen. Baue das 2. Bad zur neuen Küche um.
  2. Dekoriere das Apartment mit privat wirkenden Details wie Fotorahmen und Pflanzen, einer Plait auf dem Sofa um das Zuhause-Gefühl zu bekommen.
  3. Statte die Kitchinette mit hochwertigen, mehrfach nutzbaren Geräten, insbesondere einem Kühschrank mit Gefrierfach aus.
  4. Hole Dir Einrichtungs-Inspiration und -ideen bei Tiny-House-Ausstattern.
  5. Spare nicht an hilfreichen Gimmicks wie einem vorgefüllten Kühlschrank, Kaffeekapseln und Geschirrspültaps.
  6. Finde eine Möglichkeit, dass Dein Gast auch selbst Wäsche waschen kann.
  7. Organisiere einen automatischen Check-in/Check-out, damit Du weder Personal brauchst noch Dein Gast in seiner Zeitplanung eingeschränkt wird.
  8. Sprich mit Großunternehmen aus Deiner Umgebung und mit Relocation-Agenturen über Dein neues Angebot. Sie sind Deine zuverlässigste und eine dankbare Zielgruppe.
  9. Nutze Xing und LinkedIn, um die HR-Verantwortlichen herauszubekommen und sie persönlich anzuschreiben.
  10. Geh mit Deinem Long-Stay-Gast in Kontakt und finde heraus, was er für seinen Aufenthalt noch brauchen könnte. Nutze diese Idee als Upselling.

Planst Du, Teilbereiche Deines Hauses umzustrukturieren?

Hast Du schon Erfahrungen als Serviced Apartment-Anbieter gemacht?

Ich bin gespannt auf den Austausch mit Dir als Kommentar oder als Direktnachricht.

Herzliche Grüße und gutes Gelingen!

Deine

Lisa Boje

Lisa Boje

Businessberaterin, Trainerin & Keynote-Speakerin


Seit 15+ Jahren Unternehmensberaterin und Teamtrainerin mit dem Blick für die Hotellerie und Gastronomie weiß Lisa ganz genau, wo es anzupacken gilt.

Mit feinem Fingerspitzengefühl kitzelt sie wertvolle Potenziale und Know-how aus Mitarbeitern und Management und macht aus Unternehmen Top-Marken.

Mit ihrer Keynote "Charisma, Coaching, Krisenkommunikation – Was braucht die neue Führung?" weckt sie die Geister der modernen Teamleiterriege und kommt auch gern in Dein Haus, um Euch zu begeistern.

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Erfolgreiches Mitarbeitergespräch im Rahmen der Hotelberatung

Auch Schweizer Gastgeber können profitieren. Beispielsweise von den starken Aus- und Weiterbildungsförderungen des L-GAVs.

Förderung:

Hilfe für 700.– statt 3’500.– Euro

Deutsche Unternehmen und Freiberufler mit weniger als 250 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von maximal 50 Mio. Euro werden vom Bundesamt für Wirtschaft in der Regel zu 50% & 80% gefördert.
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